Kategorie: Genuss | Food

Das Kochbuch der Generation Outdoor.

Delicious Wintertime“ ist für mich ein (Koch-)Buch, wie es sein soll: kreativ, anregend und sehr gut gemacht. Für alle, die ein Chalet in den Bergen besitzen, oder eine Terrasse oder ein geöffnetes Fenster zum Innenhof. Dieses Buch braucht viel Frischluft.

Das Buch ist nichts für Stubenhocker. Der gelernte Koch und geübte Extrembergsportler Markus Sämmer verbindet Beruf und Hobbies in einem Kochbuch, das uns für outdoor-Aktivitäten im Winter erwärmt. Tagsüber mit verrückten Freunden Schneeschuhwandern, free riding, snow boarden und abends gemeinsam die alpenländische Kraftküche genießen. Denn lange Winterabende sind ideal für slow food.

Sämmer zeigt uns in verschiedenen Kapiteln, wie wir uns auf die kalte Jahreszeit vorbereiten. Pilze trocknen, Gemüse und Obst einkochen, Gebäck vorbereiten und die passenden Liköre dazu. Der outdoor-Tag startet natürlich mit einem Hüttenfrühstück voller Energie, auf der Tour haben wir feine Suppen in der Thermoskanne und Power snacks dabei. Für das coole Picknick im Freien gibt es One-pot-Penne mit Hühnchen und am Abend in der Hütte eine Bolognese aus Gamsfleisch und als Dessert karamelisierte Polentapfannkuchen. Der holzbefeuerte Herd knackt vor Freude.

Ein Rezept zum Nachkochen

Unbedingt nachkochen: Pretzel casserole. 6-8 Laugenbrezen vom Vortag vom Salz befreien und in gut 1 cm große Stücke schneiden. 1 gehackte Zwiebel in 1 ½ Esslöffel Butter glasig dünsten, dann ¼ l Milch zugeben und erwärmen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken. Die Mischung zu den Brezenwürfel geben, 2-3 Eier, gehackte Petersilie und eine Handvoll zerkleinerter Walnüsse zugeben, gut durchmischen und für 15 Minuten ruhen lassen. Dann die gesamte Mischung in ein gefettetes Reindl geben, ein gute Hand voll geriebenen Gruyere darüber streuen und für 25-30 Minuten in den auf 180° vorgeheizten Backofen schieben. Mein Tipp: das fertige Reindl mitten auf dem Tisch platzieren und 4 Löffel bereit legen.

Ausserdem lernen wir, wie wir einen sicheren outdoor-Rucksack für unser Schneeabenteuer packen und dass die tiefste in Deutschland gemessene Temperatur in Hüll/Oberbayern mit -37,8° im Februar 1929 erreicht wurde. Delicious Wintertime ist vielseitige und abwechslungsreiche Lektüre. Mit kräftigem, matten Papier,  weich gehaltenen Fotos und vielen optischen Details strahlt das Buch Wärme aus. Das Buch nimmt sich Zeit für uns. Da wollen wir auf keinen Fall auf einen ordentlich knackigen Winter verzichten. Um ihn zu genießen braucht es nicht viel: warme Klamotten, ein paar einfache Essenszutaten und winterfeste Freunde. Und im Rucksack ein gutes Kilo mit 272 Seiten voller Anregungen.

Markus Sämmer, Delicious Wintertime, gestalten | € 35 in deiner Lieblingsbuch-handlung

Alle widergegebenen Buchinhalte und -abbildungen (c) Die Gestalten Verlag GmbH&Co. KG, Berlin 2019

Noch ein Rezept zum Nachkochen

Jetzt brauche ich Kochbücher, die mich in den Urlaub beamen.

[boostyourcoffeetable: Wir müssen nicht alle Bücher lesen. Oft genügt es, dass wir sie besitzen, darüber reden und im Blick haben. Nice to have, nice to see.]

Entlang der Küste, Lucio Galetto, David Dale und Bree Hutchins (Fotos), 288 S., 136 Abb. | € 36 | bei deinem Lieblingsbuchhändler oder hier.

Was du über Entlang der Küste wissen solltest?

Entlang der Küste ist Koch- und Reisebuch in einem.  Im Mittelpunkt stehen die Regionalküchen von Barcelona, Marseille und Genua – also viele Rezepte des westlichen Mittelmeeres. Auch wenn Kräuter, Gemüse, Fisch und Olivenöl in jeder Region als Grundaussattung fast identisch vorhanden sind, die Zubereitung und der Geschmack unterscheiden sich doch bei einzelnen Gerichten erheblich.

Warum passt Entlang der Küste auf deinen coffee table?

Unter Mittelmeerküche verstehen wir meistens die Küche Mittelitaliens. In diesem Buch erfahren wir eine Menge über die Unterschiede der Mittelmeer-Anrainer Katalonien, Provence und Ligurien. Damit bietet sich ein differenzierter Blick für Hobbyköche mit Anspruch. Fischsuppe und Risotto können unterschiedlicher sein, als wir sie üblicherweise kochen. Im Buch findest du Rezepte für Vorspeisen mit Saucen und Dips, Suppen, Pasta- und Reisgerichte sowie Nachspeisen. Das ganz große Kino, das ohnehin meist zu aufwändig für ein Essen mit Freunden ist, fehlt. Dafür gibt’s Geheimtipps fürs Einkaufen und für Restaurants vor Ort, kulinarische Kulturgeschichten und hervorragende Fotos der Speisen und locations an der Küste. Das macht das Buch zu einem Koch-Reiseführer.

Der beste Platz für Entlang der Küste: Natürlich im Schlafzimmer. Wenn schon ein Urlaubs-Geniesser-Buch, dann richtig relaxen. In kleinen Happen lesen und von herrlichen Köstlichkeiten träumen. Oder wir verschenken das Buch zu Ostern und überlassen die Platzwahl einem lieben Menschen. Aber Vorsicht: dieses Buch will ans Mittelmeer mitreisen.

Ein Klassiker zum Nachkochen

Schluss mit Schnitzel! Ganz Wien tanzt den Umami-Walzer. Mit einem g’schmackigen Japan-Kochbuch.

Mit jeder zusätzlichen Ethno-Küche füllt sich unser Gewürz- und Zutatenregal. Und muss nach Jahren des Nicht-Gebrauchs und Überschreitens des MHD um ca. 10 Jahre entrümpelt werden. Das Team des Wiener Restaurants Mochi (eines unserer Lieblinge) hat jetzt ein Kochbuch vorgelegt, das unbedingt zusammen mit guten Freunden ausprobiert werden sollte.

Warum also jetzt nach mit Georgien und Norwegen gefüllten Tellern auch noch japanisch kochen? Die japanische Küche setzt konsequent auf den Eigengeschmack frischer Lebensmittel und ernährt uns gesund durch Fisch und Gemüse (als Beigabe gibt’s eine hohe Lebenserwartung). Sie ist leicht und sehr bekömmlich, nicht zuletzt durch das Weglassen von Milchprodukten. Und jetzt bietet sie auch noch Spaß fürs Kochen in bester Gesellschaft. Der Umami-Geschmack ist übrigens  nach süß, sauer, salzig und bitter die fünfte Grundrichtung des guten Geschmacks, zu finden z.B. in Parmesan oder getrockneten Tomaten, in asiatischen Soja- und Fischsaucen oder eben in unserer bekannten Streuwürze von Knorr. Übersetzen würde man es mit geschmackvoll und würzig, von  Glutamat-Bomben der convenience-Küche soll hier keine Rede sein.

Es fällt sofort auf, dass das Buch mit Liebe für das gedruckte Wort und Bild gemacht ist. Das Buch ist in Optik und Haptik einfach ein toller Schmöker: du nimmst es gerne in die Hand, blätterst vor und zurück, lässt es aufgeschlagen liegen. Es ist mit vielen Details ausgestattet, die dich analog begeistern: fetter Einband mit „Bauchbinde“, dicker Karton, Farbschnitt, verkürzte Informationsseiten in anderer Papierqualität. Da musst du erst einmal viel Mut aufbringen, Sojasaucen- und Ölflecken auf dem Buch zuzulassen. Trau dich, das gibt die richtige Patina.

Der Grundgedanke des Buchs liegt im Titel IZAKAYA: es geht ums gemütliche Trinken. Und damit das ausdauernder geht, isst man kleine Happen zu Bier und Sake. Eine gute Tischrunde, eine offene Küche mit kommunikativen Köchen und das Teilen und Probieren verschiedener Speisen schaffen das Wohlgefühl. Am ehesten vielleicht mit einer Tapas-Bar oder einem ausgedehnten Aperitivo vergleichbar.

Ob ich gleich mit der gebratenen Hühnerhaut starten werde, bezweifle ich. Aber das mehrschichtige Omelett mit Bergkäse klingt sehr gut, wenn auch formal anspruchsvoll, denn es sollte mit Stäbchen gerollt werden. Kochregel Nummer 1: gelassen die japanische Perfektion mit italienischer Leichtigkeit und Mut zur Lücke kombinieren, wenn nicht gleich alles optisch gelingt. Die Speisen-Fotos sind ein Angebot an die Hobbyköche, kein Muss für den perfekten Nachbau. Außerdem auf meiner Startliste: gegrillter, wilder Brokkoli (wenn ich ihn finde) mit Erdnüssen, Miesmuscheln mit Limette und Zitronengras und schließlich spare ribs mit Rettich und Chilisauce. Die Spieße mit Herz, Magen und Leber vom Huhn grill ich lieber mal für mich alleine.

Für den Start müssten für Koch-Normalos basics wie Sojasauce, Fischflocken und –brühe, Sake, süßer Reiswein und Reisessig genügen, damit das Gewürzregal nicht gleich überquillt. Wer sein Essensangebot perfektionieren will, kauft lieber später nach. Alle Zutaten werden gut erklärt, das in Japan beliebte Walfleisch wird politisch korrekt nicht verwendet.

Die allgemeinen Texte mit Botschaften über Familie, Freunde, Zusammenhalt und Stimmung lesen sich wie PR für die Mochi-Restaurants im II.Bezirk. Die Rezepte hingegen sind ohne Schnörkel und gut umsetzbar beschrieben und lassen Spielräume am Herd – geschmacklich kann nichts schief gehen. Leider taucht der Herstellungsleiter des Buchs nicht bei den Team-credits auf, seine kreative Ideen tragen maßgeblich zum Charme des Buchs bei.  Das Buch habe ich vom Verlag – wegen der starken Mediennachfrage – nur digital als pdf bekommen, Nachbar Ben hingegen lieh mir sein Original. Digital ist es lediglich eine bunte Rezeptsammlung. Mit dem echten Paper-Book bekommst du richtig Lust auf Japanisch kochen und auf Japanisch-kochen-lesen. So macht man tolle Bücher!

Mochi, IZAKAYA  € 30 |  in deiner Lieblingsbuchhandlung oder z.B. hier