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Eine Münchner Ausstellung mit deinem neuen Lieblings-Bilderbuch.

Das ist eines der kreativsten Bücher!  Christoph Niemann ist international einer gefragtesten Illustratoren. Der mittlerweile in Berlin lebende Ex-New Yorker schmückt die Titelseiten von NEW YORKER, New York Times, FAZ und SZ Magazin. Ich hatte das Vergnügen, seine Arbeiten im Wiener MAK im Original zu sehen. Jetzt ist endlich ein umfangreiches Buch mit einer Riesenauswahl seiner Kreativität erschienen. Viel Spass bereiten die immer wieder überraschenden Kombinationen aus Objektfotos (ein Mohnbrötchen als Stoppelbart) und Zeichnungen bzw. Aquarellen (Kopf mit Elektrorasierer). Schön, dass man bei manchen Abbildungen länger verweilen muss, denn Niemann erzählt reihenweise shortshort-Stories und von seiner Lego- oder Gummibären-Serie, seinen Reiseberichten und Bilderserien kann man sich stundenlang anregen und überraschen lassen.  Meine Empfehlung: wenn ihr Freunde zu Gast habt das Buch neben dem Esstisch drapieren – es liefert immer anregenden Gesprächsstoff  falls gerade mal die Stimmung abflacht.

Die Ausstellung mit seinen Werken ist bis 5. Mai im Literaturhaus München zu sehen.

Sunday Sketching, € 34,95  |  click.

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Christoph Niemann – Sunday Sketching
Christoph Niemann – Sunday Sketching

Auf ein Schalerl Kaffee in Wien: Wim Wenders eröffnet Fotoausstellung und fügt der Henne/Ei-Frage eine 3. Dimension hinzu.

Anlass für seinen Wien-Besuch ist die Retrospektive von ca. 30 Filmen und die Ausstellung von 70 Fotoarbeiten aus seinen frühen Jahren bis Anfang der 1980er. Bei einer Tasse Kaffee auf der Bühne des METRO Kinokulturhaus streift Wim Wenders durch Malerei, Musik, Photographie, Film und seine Reisen.

Auf die Henne/Ei-Frage, ob denn zuerst die Geschichte oder das Bild am Anfang seiner Projekte stehen, antwortet Wenders: „Mich interessiert der Ort, an dem die Henne das Ei legt. Geschichten müssen zu einem Ort passen, Orte erzählen ihre Geschichten und spielen für ihn die zentrale Rolle.“ Das spürt man beim Gang durch die Ausstellung: Wenders zeigt meist Orte, die eine Geschichte erzählen.

 

Zuvor erklärt Wenders, dass ein schnell abgebrochenes Studium der Malerei ihm den Weg zu Photographie und Film wies. Daher der frühe Einfluss durch Hopper und Wyeth. Die ausgestellten Fotos zeigen viel Landschaft (meist USA, auch Australien), Zufallsbegegnungen, Porträts seiner Begleiter und Locations.

Viele Bilder wirken wie photographische Notizzettel, gerade weil fast ausschließlich Motive auf Polaroids vertreten sind. Über zehn Jahre arbeitete Wenders nur über Polaroid-Fotos: auf seinen Reisen, bei der Motivsuche und am Filmset. War die Photographie in seinen jungen Jahren vor allem ein neuer Akt des Sehens (Abzüge interessierten ihn nicht, abgesehen davon, dass sie ihm zu teuer waren), hielt er beim Polaroid-Foto das Abbild der Realität  in Händen. Aus heutiger Sicht waren Polaroids für ihn ein erstes soziales Medium: sie waren sofort verfügbar, man konnte teilen – d.h. gemeinsam betrachten und sie sogar verschenken, weil sie eben ein Objekt waren.

Heute erkennt Wenders, dass sich sein Film „Der Stand der Dinge“ selbst widerlegt hat. Ebenso wie mein (damaliger) Lieblingsfilm „Der Stand der Dinge“ als Abgesang auf das Kino gedacht, folgte auf diese Phase seine größte Produktivität: ohne seine endzeitlichen Filme hätte es „Paris, Texas“ nicht gegeben.

Dem heutigen klassischen Kino kann Wenders wenig abgewinnen: vor allem Fantasy-Stoffe werden erzählt, ohne Bezug zu konkreten Orten. Er wird sich weiterhin Dokumentarfilmen widmen, „die machen mehr Spaß“ lächelt er und bedankt sich.

Die Ausstellung WIM WENDERS – FRÜHE PHOTOGRAPHIEN 60ER – 80ER JAHRE ist bis 9. Juni 2019 im METRO Kinokulturhaus Wien. Täglich von 15 bis 20 Uhr. Gleichzeitig stellt seine Frau Donata Wenders bis Mitte Februar Photographien in Graz aus.

Sein Buch SOFORT BILDER  findet ihr hier.

Packend und mysteriös: ein Heilbad in den Alpen verschlingt Menschen

Eine graphic novel rund um eine faszinierende Therme. 

Um die 1996 von Schweizer Stararchitekten Peter Zumthor gestaltete Berg-Therme Vals in Graubünden kennen zu lernen,  verlängerten wir vor einigen Jahren unseren Skiurlaub. Wir trafen auf einen Ort der völligen Reduktion auf Berg, Wasser und Ruhe. Folglich war es verboten, die Badeliegen auch nur fünf Minuten mit Handtüchern zu belegen – wie von Geisterhand wurden sie beiseite geräumt. Jetzt ist die Therme geheimnisvoller Schauplatz der überaus erfolgreichen graphic novel Der Magnet. Der Zeichner Lucas Harari (*1990) brach sein Architekturstudium ab und studierte dann alten Drucktechniken, lebt in Paris. Das beste aus beiden Studien fliesst in seine erste Veröffentlichung ein, die auf einen nachhaltigen Besuch als Kind in Vals zurückgeht. Mit seinem alter ego, dem Architekturstudenten Pierre, kehrt Harari an den beeindruckenden Ort zurück.

Gibt es eine Geheimtür zum Berg?

Der Magnet scheint in der Therme Vals verborgen. Das Heilbad besteht aus Betonquadern, die durch die Ummantelung mit regionalem, dunklem Gneis ihre einzigartige und geheimnisvolle Ausstrahlung erhalten. Mit seinem Zeichenblock (fotografieren verboten!) versucht Pierre, dem verschachtelten Geheimnis der Räume auf die Spur zu kommen: ist in der Therme das Tor zum Berg versteckt? Ein Berg, der Menschen anzieht und verschluckt, für kurze Zeit oder für immer, wie eine alte Geschichte erzählt. Und plötzlich verschwinden Pierres Aufzeichnungen.

Harari springt zwischen realer Umgebung (die Bewunderung für Zumthor ist sehr präsent) und Fiktion mit geheimnisvollen Begebenheiten hin und her. Mystery-Ungeübte wie ich müssen sich in die diversen Diffusitäten einlesen und auch damit leben, dass einige Erzählstränge offen bleiben.

Von Anfang an hatten Comics und Architektur eine enge Verbindung. Die zeichnerische Perspektive ist wichtiges Element in beiden Künsten, ebenso das Visionäre. Harari wechselt die Zeichenstile: ist Architektonisches im Spiel, zeichnet er eine ligne claire mit präzisen Konturen, superrealistischen Perspektiven und klarer Kolorierung, geht’s um Dramatik zeichnet er wie ein schnell geschnittener Action-Film.

Ein spannendes Bilder-Vergnügen bis zum Schluss!

Die geheimnisvolle Geschichte um die Therme am Berg ist auch für Mystery-Einsteiger ein dramatisches Vergnügen samt page-turner und bleibt spannend bis zum Schluss. Beim mehrmaligen Lesen des aufwändig gestalteten Buchs entdeckst du immer wieder neue Details und Anspielungen: E.A. Poes Rabe taucht in der Finsternis auf, ein Mini-Findling fällt Pierre bei der Anreise in die Hände und spielt immer wieder ein Rolle, Pierres nächtliches Abenteuer im Hotel heisst Ondine (die Wellengöttin). Erst das dicke, großformatige Abenteuerbuch und dann die Therme Vals – in beides muss man mal eintauchen.

Der Magnet  € 32 | [Anzeige] in deiner Buchhandlung oder bei  oder hier.

(c) Lucas Harari/edition moderne