Kategorie: Lebensart | Lifestyle

slow lane 01|23: Bären in der Höhle | Katz in Wien | Krokodil in Florenz |

Was so in den letzten Wochen los war: Wien wird verdichtet, ich blättere bei facebook, coole Bilder in Wien und ein Messe-Trip nach Florenz.

Bären in der Winterhöhle

Facebook liefert mir ununterbrochen Kochrezepte, Schiffe bei extremem Wellengang und sehr unterschiedlich lustige Cartoons. Mein Cartoon-Liebling des Winters waren zwei Bären in ihrer Schlafhöhle – der eine Bär tief schnarchend in seinem Winterschlaf, der andere liegt grübelnd daneben: „Ich hätte den zweiten Espresso im Oktober nicht trinken sollen“. Ich weiß schon, warum ich meinen zweiten Espresso niemals nach 15 Uhr trinke.

Alex Katz in der Wiener Albertina

Die Wiener Albertina lud zur Eröffnung einer umfangreichen Werkschau des fast 96jährigen Pop Artisten Alex Katz. Ausstellung und ein neuer Ouevre-Katalog versammeln bis 4. Juni Zeichnungen, Druckgrafik und Gemälde aus den umfangreichen hauseigenen Beständen. Katz gilt als wichtigster Protagonist des „cool painting“: Motive und Sujets, Blickwinkel, Licht, Farbauftrag – alles wirkt cool und geheimnisvoll, bleibt distanziert, selbst in einer warmen Abendstimmung. Cool wie der Jazz im Hintergrund und die Drinks in den Händen. Die Ausstellung wurde mit einer sehr lebendigen Einführung des Albertina-Direktors Klaus Albrecht Schröder auf den Weg geschickt: „Katz malt Augenblicke, die nie vergehen.“ Und für ein paar Augenblicke führte uns Schröder in die entspannten Cocktail-Gesellschaften der Beach Stops an der amerikanischen Ostküste.

Mit einem Krokodil durch Florenz

Nach einer langen Bahnreise aus Wien kommend, war ich froh, die florentiner Innenstadt ausgiebig zu Fuß zu erkunden. Bis ich mit der Sohlenspitze am unebenen Pflaster hängen blieb. Bei einem Blick mit angewinkeltem Bein auf meinen Fuß sah ich einem Krokodil aus Schuh und Sohle ins aufgeklappte Maul. Die halbe Sohle hatte sich gelöst und ich konnte mich nur mit einem schleppenden, nicht zu stark vom Boden abhebenden Schritt fortbewegen. Keine Lösung für die zwei Buchmessentage Testo, eine Reparatur musste her. Trotz google kein Schuster in der Nähe, überlegte D-i-y-Klebstoff, hatte kein Vertrauen in Papierkleber und hoffte schließlich auf einen Schnellservice im Hauptbahnhof. Fehlanzeige, aber kurz vor Ladenschluss einige Boutiquen im Winter-Sale. Haben Sie irgendeinen Schuh in Größe 43? Nur ein vergessenes Exemplar an einer Schaufensterpuppe. Meine neuen Lieblingssneakers brachten mich sicher über die Kopfsteine.

In Florenz liebt man Fleisch und Wurst in Mengen, v.a. riesige Bistecca alla Fiorentina. Too much, also bestellte ich in einer wunderbaren Trattoria lieber eine Pasta al Ragù, danach Salat und eine Auberginen-Parmigiana. Das Ragù blieb mir so angenehm am Gaumen, unterschied sich extrem zu dem bekannten Ragù alla Bolognese, dass ich am nächsten Mittag noch einmal die selbe Pasta bestellte – natürlich im selben Lokal. Schweren Herzens, denn alternativ gab es zwei tolle Risotti, aber ich musste dem Ragù auf den Grund kommen. Am heimischen Herd steht jetzt eine Testreihe an.

Für die Rückfahrt nahm ich zuerst den beeindruckenden Schnellzug Frecciarossa, bis zum Umstieg in den Zug der Deutschen Bahn Richtung Innsbruck und München. Da preisbewusster Frühbucher leistete ich mir die 1. Klasse. Die 1. Klasse-Wagen waren in einem Alterszustand, der den Verdacht nahe legte, dass die Deutsche Bahn Anfang der 90er alte, abgeranzte Zuggarnituren für den Demokratisierungs-Prozess in Rumänien spendete. Und nun – nachdem sich die rumänische Eisenbahn vorbildlich modernisiert hat, wieder zurück gekauft hat und im internationalen Verkehr einsetzt. Oder nur auf Migranten-Routen von Süd nach Nord? Unser Willkommensgruß für Reisende nach Deutschland.

Text (c) Kurt Pohl, 2023

New York auf Kniehöhe.

Seit achtzehn Monaten begleitet uns eine quirlige, kniehohe Siberian Husky-Terrier-Mischung durchs Leben. Natürlich auch auf – C19-bedingt – spärlichen Fernreisen. Wir sind ja jetzt ihr Rudel, auch im Auto. Ehrlich gesagt trauen wir uns noch nicht, sie in Obhut zu geben und ohne sie zu verreisen. Weder engste, liebe Verwandte noch charmante Hundepensionen genießen unsere Vertrauen für unser vierbeiniges Juwel. Das Problem liegt eindeutig bei uns.

London und New York mit dem Vierbeiner erkunden.

Reisen mit Hund sind nicht stressfrei. Bedürfnisse der Vierbeiner sind begrenzt, aber zentral. Reichlich feines Futter, ruhiges Plätzchen für Dauer-power-napping, Raufen mit Artgenossen und verschwiegene Plätzchen fürs G’schäftchen. In der Großstadt erfolgt die Suche danach aus der kniehohen Perspektive. Umgeben von Beton, Autolärm, hektischen Fußgängern und lautlos daher rasenden Pizzaboten. Falls demnächst London oder New York City auf dem Reiseplan stehen, gibt es Rat in Buchform: Dog-Friendly New York und Dog-Friendly London sind zwei Neuerscheinungen des indie-Verlegerpaars Ann und Martin der Hoxton Mini Press in East London.

Gebt den Hunden das Kommando

Beide Bücher haben beste Tipps für den urbanen Hundeauslauf in Parks, empfehlen hundefreundliche Restaurants, Cafés, Bars und nette Hotels. Alles wichtig, weil in Großstädten rar oder z.B. wie in New York in gastronomischen Innenbereichen seitens des Gesundheits-Departments verboten. Dazu gibt’s Tipps für Gassi-Routen: wie wär’s in London mit einem dog walk von Little Venice nach King’s Cross entlang des Regent’s Canal? Beide Bücher entstanden in Zusammenarbeit mit dem Magazin FOUR&SONS, in dem Hunde und ihre Besitzer*innen auf kulturelle Themen rund um Vierbeiner prallen. Natürlich very British mit einer Menge origineller und edler Hundefotos samt den Menschen am anderen Ende der Leine. Die beiden Ratgeber machen Lese-Freude, auch wenn die nächste Reise nur aufs Land geht oder gerade kein Hund um einen herumwedelt.

Warum nicht mal mit Hund in den Corona Park (heißt schon lange so) im New Yorker Stadtteil Queens, zum Frühstücken ins Five Leaves in Greenpoint oder auf vier Pfoten über die Brooklyn Bridge? Gebt euren Hunden das Kommando und Leine los, es gibt viel zu entdecken.

FOUR&SONS, Winnie Au: Dog-Friendly New York | Hoxton Mini Press, 192 S., £ 17,95

FOUR&SONS: Dog-Friendly London | Hoxton Mini Press, 176 S., £ 17,95

(c) Kurt Pohl 2022

Gönn deinen Büchern eine Bürstenmassage.

Bücher fesseln, unterhalten, informieren, lehren und sorgen für entspannte Stunden. Und sie sammeln Staub. Da bei großen Buchregalen Stauballergie droht, ist regelmässige Reinigung – in der Realität im besten Fall alle fünf Jahre – notwendig.

Nach Flug-Scham jetzt auch noch Staubsauger-Scham

Gängig ist das Absaugen mit der Polsterbürste mit all seinen schlechten Nebenwirkungen: Lärm, Energieverbrauch, Beschädigung der Schutzumschläge, Kampf mit den unterschiedlichen Buchformaten, Luftverwirblungen, Ärger mit dem Haustier und die Unlust, einen Staubsauger überhaupt zur Hand zu nehmen. Insgesamt also ökologischer und sozialer Unsinn. Auf der kürzlichen Suche nach einer Bürste gegen Hundehaare entdeckte ich eine Spezialbürste, um Lesestoff aufzufrischen.

Einfacher und sinnlicher Gebrauch

Bücher möglichst unter Frischluft am Fenster oder auf der Terrasse mit leichter Hand abbürsten. Zuerst komplett, dann – besonders bei wertvollen Sammlerstücken – Schutzumschlag vorsichtig entfernen und das Leinen bzw. Leder kräftig abbürsten, ebenso die Papierflächen und Buchschnitt. Die vorderen, kräftigen Borsten entfernen jeden Schmutz vom Buchrücken, die dahinter liegenden weichen Haare nehmen den Staub auf. Bürste hin und wieder an der Luft vom Staub befreien. Falls keine Frischluft vorhanden – über einem Gefäß bürsten, um den Staub zu sammeln.

Zusatznutzen: man kann podcasts, Hörbücher und Musik beim Arbeiten hören. Geht alles beim Staubsauger nicht.

Die Bücherbürste ist ein tolles tool und/oder ideales Geschenk für Sammler, Buchhändler, Bibliothekare und Antiquare. Bücher mit gelungener Rückenmassage bleiben frisch und laden zur Zweitlesung ein. Nebeneffekt: mit der Bücherbürste habe ich auch meine Notebook-Tastatur entstaubt. Sie ist also ein Hybrid!

Hinweis: ich bekam eine Testbürste gestellt (Danke!), weitere Zuwendungen seitens des Herstellers außer den Worten „gerne“ und „freundliche Grüße“ gab es nicht.

Buch müsste man sein. . .

Die Bürste funktioniert analog und digital

Die Bürste fühlt sich einfach gut an! Der Griff ist aus edlem, geöltem Birnbaumholz, liegt gut in der Hand, gebürstet wird mit Ziegenhaar und griffiger Borste. Der Hersteller empfiehlt eine gelegentliche Waschung der Spezialbürste mit einer milden Seifenlauge. Langsam an der Luft trocknen lassen und dann den Griff leicht einölen (empfehle Olivenöl aus erster Pressung). Eine feine Sache, die deine Beziehung zu Büchern stärkt.

Beim Hersteller endlich wieder lieferbar.

(c) Kurt Pohl 2022