Ich habe meine Buchmesse vergeigt (meint Kurt Pohl) |
Ich bin in die digitalen Angebote der Frankfurter Buchmesse nicht eingestiegen. Trotz des unermüdlichen Einsatzes der Social Media Abteilung der Messegesellschaft und der sympathischen Karin Schmidt-Friderichs. Die Vorsteherin des Börsenvereins changiert in der Krise mit Leichtigkeit zwischen Euphemismus und Empathie. Mir kam jedenfalls dauernd etwas dazwischen und ich zauderte wenig flanierfreudig am PC oder iPad. Aber ich ließ mich von der umfangreichen Berichterstattung von Deutschlandfunk Kultur begleiten. Hier gab’s die emotionale, menschliche Begeisterung – auch für Bücher, die ich niemals lesen werde. In der Schweiz sagt man übrigens „Salon“ für Messe. Das menschelt.
Bücher getrüffelt
Am ersten Novembersonntag habe ich mir im Rahmen der Viennale den Film The Truffle Hunters mit Freude angesehen. Folgerichtig, dass ich mich jetzt auf The Booksellers freue. Wie schon bei den Trüffelsuchern geht es darum, mit Erfahrung und Glück verborgene Schätzen zu heben. Der Film blickt hinter die Kulissen New Yorker Antiquare und ihrer Schatzsuche: „eine Reise in eine kleine, faszinierende Welt voller träumender, exzentrischer, intellektueller und besessener Bibliophilen, die niemals aufgeben bei der unerbittlichen Suche nach dem nächsten großen Fund.“ Filmstart in Wien verschoben, wir wissen ja warum.
Wild at heart – der Nationalpark Bayerischer Wald
Wo besser als an der italienischen Adria lässt sich das Buch Wilder Wald von Alexandra von Poschinger fotografieren? Ein kleiner Wald und keine zehn Meter bis zu den Wellen. Mit der Autorin führte ich ein kleines Messenger-Interview über ihr Buch zu 50 Jahre Nationalpark Bayerischer Wald:
Von welchem magischen Platz im Nationalpark strömt für dich meiste Kraft aus?
AvP: Das Urwaldgebiet Watzlikhain ist für mich einer der magischsten Orte im Nationalpark Bayerischer Wald. Die jahrhundertealten Baumriesen strömen eine irre Urkraft aus.
Lässt sich die umzäunte Gehegezone mit Bären, Wölfen, Luchsen und anderen Wildtieren in einem völlig naturbelassenem Wald in unseren 20er Jahren noch sinnvoll aufrecht erhalten?
AvP: Vielleicht ist die Gehegezone am Nationalparkzentrum Lusen nicht mehr ganz zeitgemäß. Sie stammt aus den 1970er Jahren und würde heute bestimmt anders, noch großzügiger konzipiert. Ich bin selbst hin- und hergerissen, ob ein Zoo mit der Philosophie eines Nationalparks einhergehen kann, komme aber zu dem Schluss, dass die Besucher der Gehegezone schon auch sehr viel über Artenschutz und -reichtum mit nach Hause nehmen – sicher mehr, als sie sich aus Büchern aneignen würden.
Dein Buch wirkt wie ein dickes Magazin und ist damit sehr kurzweilig. Ist das auch die Form für dein nächstes Projekt? Kannst du etwas darüber verraten?
AvP: Der sprachliche Duktus meines Buchs ist bewusst ein feuilletonistischer. Das Feuilleton ist ja auch das journalistische Ressort, aus dem ich komme. Ich wollte mit der Tradition brechen, wissenschaftliche Themen auch wissenschaftlich zu formulieren. Stattdessen glaube ich, mit meinem Schreibstil ein breiteres Publikum zu erreichen – was mir schon sehr wichtig ist, betreffen Themen wie Natur-, Umwelt-, Klima- und Artenschutz doch uns alle.
Ich habe ein nächstes Buch im Kopf, möchte dazu aber noch nichts verraten. Alter Autorenaberglaube!
Meine Lieblingstouren sind der Rachel über den Klingenbrunner Steig und die Hochschachten. Dein Wander-Tipp?
AvP: Ich schließe mich Deiner Lieblingstour zu 100 Prozent an. Das nächste Mal wandern wir am besten zusammen.
Den ausführlichen post zu Wilder Wald und 50 Jahre Nationalpark Bayerischer Wald findest du hier.
Da freut sich dein coffeetable.
Bei meiner Buchauswahl stelle in der Rubrik boost your coffeetable gerne Bücher vor, die in Inhalt, Optik und Haptik Perlen zum Durchblättern, Schmökern oder einfach haben sind. Und bringe sie damit aus den Fängen der Interior Designer, für die sie reines Ausstattungs-Accessoire sind. (Erst) jetzt habe ich mit großer Freude einen Hamburger Shop entdeckt, der sich auf trendbildende und frische Magazine aus aller Welt spezialisiert hat: Coffee Table Mags. Unbedingt vorbei schauen.
Fundstücke im November: Erstausgaben von Alberto Moravia
Der Schriftsteller und Politiker Alberto Moravia (1907 – 1990) war einer der wichtigsten Vertreter des italienischen Neorealismus. Für seine Qualität spricht, dass er regelmäßig von der katholischen Kirche indiziert wurde. Zu seinen Inhalten zitiere ich gerne Wikipedia: „Pfiffige Gauner und notorische Pechvögel, Taschen- und Tagediebe, Kellner, Taxifahrer, Vorstadtmusiker und Filmstatisten, Hausmädchen, Blumenverkäuferinnen und Gelegenheitsprostituierte berichten von ihren vielfältigen Abenteuern. So ergibt sich ein Mosaik des römischen Lebens und Moravia führt die niemals schmerzfreie Kunst des Überlebens nicht als Drama, sondern als Komödie vor.“ Das ist doch der richtige Lesestoff um den Winternebel etwas anzuheben. Alle Fundstücke von Moravia sind deutsche Erstausgaben und in meinem Rayon bei booklooker zu finden. Bei Interesse bitte ich um Kontaktaufnahme und Geduld, da ich mich COVID-bedingt gerade fernab meines Buchlagers aufhalte.